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Literatur

Literatur, im weiten Sinne die Gesamtheit aller sprachlich fixierten Werke, im engen Sinne eine Kunstform, die durch Sprache gestaltet wird. So wird nach dem weiten Verständnis der Literaturbegriff zum Sammelbegriff, ungeachtet der Frage einer künstlerischen Gestaltung (Fachliteratur, Sachliteratur, Musikliteratur). Was im deutschsprachigen Raum L. als Kunstform ausfüllt, darüber haben sich die Ansichten im Verlauf der Zeit verändert, eine einhellige Antwort von der Literaturwissenschaft gibt es hierauf nicht.

L. als kulturelle Identität einzelner Nationen ist in jedem Land unterschiedlich gewachsen, teilweise unbeeinflusst, teilweise geprägt durch Publikationen, die über die Grenzen in die Nachbarländer fanden. Auch war sie in manchen Ländern zu unterschiedlichen Zeiten mehr oder weniger Opfer von Zensur, was sich ebenfalls auf ihre Entwicklung auswirkte. Es handelt sich bei L. somit um einen vielschichtigen Begriff, der von Land zu Land unterschiedlich verstanden wird und in nationalen Literaturen mündet.

Herkunft

Ursprung des Begriffs L. ist das lat. littera (= Buchstabe). Die erste Erwähnung des Worts ist auf 1571 datiert, es wird von Simon Roth in seinem „Ein Teutscher Dictionarius“ verwendet und inhaltlich mit der Bedeutung „Gelehrsamkeit“ ausgefüllt. Diese Bedeutung erhielt sich bis ins 18. Jahrhundert.

Entwicklung des Literaturbegriffs

Im Verlauf der Zeit wurden der Literatur die Gattungen Drama, Lyrik und Epik zugeordnet, wobei sich mit dem Begriff eine unbestimmte Wertigkeit verband. Bis ins 20. Jahrhundert hinein wurde die Auffassung vertreten, dass Werke einen Anspruch an herausragende, schön gestaltete Sprache erfüllen müssen, um zur Literatur gezählt zu werden. Aus diesem Verständnis resultiert auch der für die Romanform gewählte Begriff Belletristik (von: belles lettres, schöne Buchstaben), mit welchem sich die sprachschöne Literatur von der Trivialliteratur abheben sollte.

Mitte des 20. Jahrhunderts erfuhr der Literaturbegriff eine deutliche Ausweitung, weil das Merkmal der unbestimmten Wertigkeit zum einen unpräzise und willkürlich war, zum anderen, weil sich die Auffassungen darüber, was Kunst (und somit auch Literatur) sein kann, gewandelt hatten. Zu den Einzelheiten der Entwicklung der L. siehe Literaturgeschichte.

Merkmale

Um einen erweiterten Literaturbegriff fassbar zu machen, wird auf drei Merkmale rekurriert, die die Ausgangsbasis für das ursprüngliche Literaturverständnis bilden:

Sprachliche Fixierung – Fiktionaler Inhalt – Sprachkünstlerische Gestaltung.

Hierbei erweist sich, dass ein Merkmal unverzichtbar, die zwei anderen jedoch nicht zwingend sein müssen.

Die Sprachliche Fixierung stellt sich als ein unverzichtbares Merkmal für L. dar, denn was in den Wind gesagt wurde, ist unwiederbringlich, entzieht sich der Dauerhaftigkeit und somit der Bewertung zu unterschiedlichen Zeiten und kann nicht Gegenstand der Literaturwissenschaft sein. Nicht zwingend ist die Verschriftlichung, deshalb auch der Begriff Sprachliche Fixierung, denn mit der Entdeckung der sog. „Oral Poetry“ (mündlich tradierte, aber inhaltlich wie formal gleichförmige Weitergabe eines Gedichts oder einer Erzählung) wurde auch diese Form der L. zugeordnet.

Die Merkmale „Fiktionaler Inhalt“ und „Sprachkünstlerische Gestaltung“ können, müssen aber nicht unbedingt vorliegen, wenn es um die Einordnung als L. geht.

Fixierung – Fiktionalität – sprachkünstlerische Gestaltung

Die Erfüllung aller drei Merkmale durch ein Werk macht es zu dem, was immer schon unter L. gefasst wurde, bspw. die „Klassiker der Weltliteratur“ oder das, was in Werkbesprechungen wegen dieser Merkmale besonders hervorgehoben wird.

Fixierung – Non-Fiktion – sprachkünstlerische Gestaltung

Hierunter fallen bspw. (Auto)-Biographien, Tagebücher, Briefwechsel zwischen historischen oder herausragenden Persönlichkeiten. Heutzutage gibt es keinen Zweifel mehr daran, dass auch dies zur L. zu zählen ist.

Fixierung – Fiktionalität – keine sprachkünstlerische Gestaltung

In diesem Bereich findet sich die Trivialliteratur (Groschenromane, für den Konsum für Nebenbei produzierte Unterhaltungslektüre). Auch diese zählen mit der Erweiterung des Literaturbegriffs zur L.; in der Literaturwissenschaft ist aber regelmäßig weniger ein einzelnes Werk denn vielmehr eine ganze Gattung Besprechungsgegenstand (z. B. Kriminalromane).

Fixierung – Non-Fiktion – keine sprachkünstlerische Gestaltung

Diese Kategorie vereint im wesentlichen Gebrauchsgegenstände sowie Dokumente, z. B. Telefon-, Kochbücher, Ratgeber, Sitzungsprotokolle. Auch Musiknoten gehören hierzu, denn ungeachtet des Sammelbegriffs Musikliteratur sind sie lediglich Mittel zum Zweck, geben Anweisung zum Hörbarmachen von Musik. Diese Kategorie wird üblicherweise nicht zur L. gezählt, was aber einer möglichen Bearbeitung in Richtung eines literarischen Werks nicht im Weg steht.

Grenzen

L. ist verschiedenen Grenzen unterworfen; in manchen Ländern gibt es Zensur, Verbreitungsverbote oder –beschränkungen. So gut wie jede Nation kennt ein Verbot von Pornographie, in welcher Ausgestaltung auch immer.

Für Deutschland hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass der Staat nicht befugt ist, L. in einem Wertigkeitssystem zu verorten und eine Wertung als hoch- oder minderwertige L. vorzunehmen. Es hat hierfür den Begriff der Kunst sehr weit definiert und zuletzt in seiner Entscheidung zum Roman „Josefine Mutzenbacher“ deutlich gemacht, dass auch Pornographie der Kunstfreiheit gemäß Grundgesetz unterfallen kann und die Notwendigkeit einer Einschränkung solcher Literatur in einem sorgfältigen Abwägungsprozess zu ermitteln ist.

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